Schwellenländeraktien: Warum die Kehrtwende der US-Notenbank zuversichtlich stimmt

  • Schwellenländer dank US-Zinswende und günstigen Bewertungen wieder attraktiv
  • Immobilienmarkt in Indien zählt aktuell zu den besten Anlagemöglichkeiten
  • Mexiko günstig bewertet trotz guter Wirtschaftsdaten
  • Gesamtkreditnachfrage in China steigt

    EM-Aktien bieten wieder interessante Perspektiven. Diese Ansicht vertritt James Syme, Fondsmanager des JOHCM Global Emerging Markets Opportunities Fund. „Nach fünf schwierigen Jahren glauben wir, dass sich dank der günstigeren Entwicklung der US-Geld­politik und der zum Teil äußerst interessanten Bewertungen erstklassige Gelegenheiten in den Schwel­lenländern eröffnen“, sagt der Experte. Ein maßgeblicher Faktor sei dabei die Abhängigkeit von den US-Zinsen und der Stärke des Dollars. Dies zeige sich normalerweise in Staaten mit Leistungsbilanz­defizit am deutlichsten. „So war es auch 2018: In den Ländern mit den schwächsten Leistungsbilanzen erlitten Währungen und Aktienmärkte die größten Einbrüche. Angesichts der Lockerung der Geldpolitik in den USA und der offensichtlichen Umkehrbewegung, die von der amerikanischen Notenbank (Fed) vollzogen wird, hat sich seit Jahresbeginn auch die relative Performance der einzelnen Märkte verglichen mit 2018 großenteils ins Gegenteil verkehrt“, sagt Syme.

    Indien und VAE – Binnennachfrage als Treiber

    Einer der Sektoren, der sich seiner Einschätzung nach in den letzten Monaten deutlich verbessert habe, seien indische Immobilienfinanzierer. Ihre Aktien standen 2018 unter erheblichem Druck. Schärfere regulatori­sche Anforderungen und starke Schwankungen am indischen Anleihemarkt verursachten eine Reihe viel beachteter Firmenpleiten. In Anbetracht der weltweit knapperen Liquidität sah sich die indische Noten­bank RBI (Reserve Bank of India) nicht in der Lage, die Zinsen zu senken – trotz des Rückgangs der Verbrau­cher­preis­inflation auf zwei Prozent. Seit die Aussichten für die globale Liquiditätsentwicklung wieder freundlicher geworden sind, besteht die Chance, dass die RBI ihren Leitzins auch bei einer Erholung des Kreditwachs­tums in Indien senken wird. Anders als in den meisten anderen Schwellenländern hat es in den ver­gangenen zehn Jahren in Indien keinen wirklichen Kreditzyklus gegeben. Insofern könnte die aktuelle Belebung der Kreditvergabe durchaus von Dauer sein. In dem Land werden zudem jedes Jahr Finan­zierungen für fünf bis zehn Millionen Wohnobjekte benötigt. „Einige der indischen Hypothekeninstitute zählen zu den besten Anlagemöglichkeiten, die sich derzeit in den Schwellenländern bieten“, sagt Syme.

    Ebenfalls interessant sind laut Syme Immobilienaktien aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und speziell aus Dubai. Durch die Kopplung ihrer Währung an den US-Dollar importie­ren die VAE im Grunde die amerikanische Geldpolitik. Vor diesem Hintergrund kam es zu einem Über­angebot an Immobilienobjekten, wodurch die Preise ebenso wie die Kurse von Immobilienaktien erheb­lich unter Druck gerieten. Durch die veränderte Haltung der amerikanischen Fed verbessert sich die Liquiditäts­situation in Dubai. „Wir gehen davon aus, dass die äußerst attraktiven Bewertungen der Immobilien­aktien eine starke Performance dieser Titel ermöglichen werden“, erklärt Syme.

    Mexiko sí, Brasilien não

    Ausgesprochen hoch bewertet erscheinen für den Fondsmanager dagegen zurzeit brasilianische Aktien angesichts des nach wie vor schleppenden Wirtschaftswachstums.. „Offenbar hegt der Markt sehr positive Erwartungen für die politische Entwicklung des Landes und rechnet mit einer Reform der Renten- und Sozialversicherung.“ Ganz anders sei die Situation in Mexiko, wo Aktien im langfristigen Vergleich eher billig erschienen, obwohl die mexikanische Wirtschaft relativ gut dasteht. „Die Marktteilnehmer beurteilen das politische Umfeld in dem Land demnach extrem negativ. Da wir weder in Brasilien noch in Mexiko revolutionäre politische Veränderungen erwarten, haben wir eine klare Präferenz für Mexiko. Auch hier richtet sich unser Interesse vornehmlich auf Bereiche, die von der Binnennachfrage abhängig sind.“

    Etwas anders lägen die Dinge in China. Dort war die Geldpolitik in den letzten 18 Monaten ebenfalls deutlich restriktiver. Das war zwar keine direkte Folge der Zinserhöhungen in den USA, doch die Stärke des US-Dollars setzt den chinesischen Renminbi unter Druck und schränkt den Handlungsspielraum der People’s Bank of China ein. Die Konjunkturindikatoren in der Volksrepublik zeichnen nach wie vor ein nicht sehr erfreuliches Bild. Zusätzliche stimulative Maßnahmen, am besten in Form einer Ankurbelung der Kreditnachfrage, könnten dafür sorgen, dass Chinas Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt, meint Syme. Dieser Punkt könne jetzt erreicht sein. “Die für Januar gemeldete Gesamtkreditnachfrage („All-System Financing") sowohl im langfristigen Vergleich als auch gemessen an den Erwartungen war sehr hoch.

    China könnte insofern im Laufe dieses Jahres zu einem interessanten Revier für Anleger werden, auch wenn seine Börse nicht direkt von der Rückkehr der Fed zu einer vorsichtigeren Geldpolitik profitiert“, sagt der Experte. Wichtig sei in Anbetracht der gewal­tigen Dimensionen des chinesischen Finanzsystems, dass die monatlichen Stimuli noch einige Zeit einen beträchtlichen Umfang haben müssten, um die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen.