Investment-Strategie November: Rebilanzierungs-Politik

Gilles Moëc, Chief Economist bei AXA IM: „In den vergangenen Wochen sind die globalen politischen Risiken gesunken. Derzeit wird ein Teilhandelsabkommen zwischen den USA und China ausgehandelt. Zudem wurde Großbritannien eine zusätzliche Fristverlängerung bis zum 31. Januar 2020 von der EU angeboten, um einen „No Deal“-Brexit zu vermeiden. Eine Lösung ist allerdings noch immer nicht in Sicht.”

Economie

  • Zwar sind die politischen Risiken gesunken, der Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie das Thema Brexit bleiben aber weiterhin Belastungsfaktoren für Investoren. Eine Lösung scheint noch lange nicht in Sicht.
  • Das Ausbleiben positiver Nachrichten, kann die allmähliche Konjunkturverschlechterung nicht stoppen. Die globale Schwäche des verarbeitenden Gewerbes steht jedoch nicht mehr im Vordergrund.
  • Vorerst hat die US-Notenbank noch etwas Spielraum. In Europa gehen wir aufgrund des aktiven Septembers von keinen weiteren Maßnahmen aus.

    "Während einige Tail-Risiken zurückgehen - wie z.B. eine weitere Eskalation des Handelskrieges oder ein Brexit ohne Deal - verschwindet die Unsicherheit nicht. Zwar konnte Schlimmeres abgewendet werden, ein Zeichen für Entwarnung ist das aber nicht – zumindest nicht, was den Rückgang im Datenfluss angeht. Die Schwäche rührt nicht mehr allein vom verarbeitenden Gewerbe her, sondern breitet sich nun auf den Dienstleistungssektor in den USA und Europa aus. Noch ist unklar, ob sich dies auf den Arbeitsmarkt auswirken wird – wenn ja, würde sich das auch in den Verbraucherausgaben widerspiegeln, den derzeit einzigen sicheren Treibern der Weltwirtschaft. Ohne einen entsprechenden Vertrauensschub wäre dies normalerweise der nächste Schritt. Die Weltwirtschaft befindet sich in einem Wettlauf mit der Zeit. In nur wenigen Monaten wird der Abschwung an Fahrt aufnehmen und sich selbst verstärken.

    In den USA trösten einige halbwegs ordentliche geldpolitischen Maßnahmen über den Einbruch hinweg. Der Offenmarktausschuss der Fed hat in seiner jüngsten Sitzung am 30. Oktober die Zinsen zum dritten Mal in diesem Jahr gesenkt, und zumindest für dieses Jahr scheinen keine weiteren Zinssenkungen anvisiert zu sein. Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hingegen fällt es schwer, eine Handlungseinschätzung für die nächsten Monate abzugeben, es sei denn, die Situation nimmt katastrophale Ausmaße an.

    Mario Draghi hat im Oktober seine letzte EZB-Sitzung als EZB-Präsident geleitet. Sein Vermächtnis als “Retter des Euroraums” von 2012 wird weiterhin Bestand haben. Es ist bedauerlich, dass der Schritt im September den Weg für eine solche Kontroverse geebnet hat. Es deutet nichts darauf hin, dass sich die Meinungsverschiedenheiten des Rats und der Mangel an Zuversicht, dass die Geldpolitik eine sinnvolle Unterstützung bieten kann, auflösen werden. Daher sind wir der Meinung, dass wir im September das umfangreichste Maßnahmenpaket der EZB gesehen haben. Christine Lagarde wird ihre Amtszeit mit einem strategischen Review einläuten, das voraussichtlich einige Diskussionen im Rat nach sich ziehen wird und die Handlungsunfähigkeit der EZB während der Debatte rechtfertigen soll.

    Derweil wird die EZB monatlich 20 Milliarden Euro an Käufen tätigen. Die Gesamtwachstumsrate der EZB-Bilanz – ein guter Indikator für den geldpolitischen Kurs in Zeiten unkonventioneller Politik – könnte bis Ende 2020 rund 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr erreichen. Das würde gegenüber 2012 oder 2016 ein langsameres Tempo darstellen. Selbst bei sehr kontroversen Entscheidungen konnte Präsident Draghi nicht das gleiche Quantum an monetären Impulsen auslösen. Christine Lagardes Amtszeit hätte unter besseren Vorzeichen beginnen können.

    Serge Pizem, Head of Multi-Asset bei AXA IM, legt seine Ansichten zur Asset Allokation im November offen: “In diesem Monat reduzieren wir unser Engagement in Schwellenländern und Hochzinsanleihen zugunsten von relativen Aktienstrategien (zyklisch/defensiv). Dem Markt fehlt es unserer Meinung nach an eindeutigen Signalen, um unsere Ansichten anzupassen. Auch wenn die Zeichen für einen Waffenstillstand im Handelskrieg gutstehen und ein harter Brexit unwahrscheinlicher wird, ist das wirtschaftliche Umfeld immer noch zu schwach.

    Wir haben unsere zyklische Ausrichtung unseres Aktienengagements erhöht, da der Marktpessimismus beim Wachstum nach wie vor extrem ist. Bei US-Aktien bleiben wir vorsichtig, da die Preise nahe an historischen Höchstständen liegen und sich das zugrunde liegende Makro-Momentum abschwächt.

  • Obwohl wir den Anteil reduziert haben, bleiben wir bei Euro High Yield- und Emerging Market-Debt positiv, da Fed in ihrer gemäßigten Haltung Carry-Positionen unterstützt.
  • Wir bleiben bezüglich der Eurozone und "Break-even" Inflationsrate in den USA zuversichtlich, da die Marktbepreisungen weiterhin zu negativ ausfallen.

    Es gibt drei positive Entwicklungen, die kurzfristig Druck auf die Märkte ausüben.

    Die USA haben mit China ein "Phase-1-Abkommen" abgeschlossen, mit dem sie sich grundsätzlich auf die Bereiche Agrarwarenkäufe, geistiges Eigentum, Devisentransparenz und die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen einigen. Eine echte Lösung des "Handelskrieges" würde aus unserer Sicht einen Abbau der bereits durchgeführten Zollerhöhungen bedeuten, und davon sind wir noch weit entfernt. In der Zwischenzeit zog die Unsicherheit in der Handelspolitik Folgen auf die Weltwirtschaft nach sich und könnte sich weiterhin auf die Investitionen auswirken. Die Daten zu Produktion und Auftragseingängen in den USA waren jedoch in jüngster Zeit robust und scheinen sich von schwächeren Konjunkturumfragen abgekoppelt zu haben. In diesem Zusammenhang könnte die Teileinigung weitere Abwärtsrisiken begrenzen. Daher haben wir die zyklische Ausrichtung unseres Aktienanteils verstärkt, da die relativen Bewertungen der zyklischen Werte weiterhin unter Druck stehen.

    Mit den jüngsten Fortschritten auf der Brexit-Seite sehen wir die Chancen für einen "No Deal"-Ausstieg nun deutlich geringer, was Geschäfts- und Marktstimmung stützen sollte.

    Die Fed kündigte eine neue Liquiditätsspritze von 60 Milliarden US-Dollar pro Monat durch den Ankauf von Treasury Bills an. Dies ist das erste Mal in diesem Jahr, dass die Fed entschlossen gehandelt hat. Sie bemühen sich sehr, es nicht QE (Quantitative Easing) zu nennen, aber es wird vom Markt dennoch als Liquiditätsschub angesehen werden. Mit niedrigeren Front-End-Zinsen und höheren Laufzeiten (auch getrieben durch den Optimismus der Handelsabkommen) bewegt sich die Zinskurve wieder im positiven Bereich, was ein gutes Zeichen ist. In diesem Zusammenhang sind wir der Meinung, dass die Inflationserwartungen in den USA viel zu niedrig sind und haben neue Positionen zum Erreichen des US-Inflationsziels in unseren Portfolios hinzugefügt.“